Psychoregulation

Veröffentlicht am 8. Jänner 2024 um 14:42

Mentaltraining - Psychoregulation

Leistungssportler trainieren nicht nur Skills, Ausdauer und Kraft. Sie üben auch ein, wie sie «im Kopf» stark werden und stark bleiben. In der Sportpsychologie wird dies Psychoregulation genannt. Auch für Menschen, die keinen Leistungssport treiben, ist Mentaltraining nützlich. Deshalb möchte ich etwas genauer auf den Zusammenhang zwischen Psychoregulation und den alltäglichen Herausforderungen (wie z.B. Lustlosigkeit, Ablenkbarkeit, Überforderung etc.) eingehen, die wir zu meistern haben.

Psychoregulation ist ein Fachbegriff aus der Sportpsychologie und bedeutet so viel wie «geistige Steuerung» oder «mentale Einflussnahme». Die Psychoregulation beschäftigt sich mit folgenden Fragen:

  • Wie können Sportlerinnen und Sportler ihre Motivation über längere Zeit aufrechterhalten, um ein Ziel zu erreichen?
  • Welche psychischen Strategien und Mittel haben sie, um in stressigen Situationen ihre Leistung zu erbringen?
  • Was für mentale Strategien gibt es, um mit Fehlern und Rückschlägen, mit Versagensangst und Nervosität umzugehen?

Diese Fragen sind nicht nur für Sportler interessant, sondern betreffen alle Bereiche, wo Leistung, Motivation, Ängste und Nervosität ein Thema sind. 

Aus diesem Grund ist für mich das Konzept der Psychoregulation auch ausserhalb des Sports sehr gut anwendbar: in der Arbeitswelt und in Performance-Situationen wie zum Beispiel bei Vorträgen, Prüfungen und Auftritten.

Die fünf Ebenen der Psychoregulation

Bei der Psychoregulation können wir fünf verschiedene Ebenen unterscheiden, auf denen eine mentale Einflussnahme möglich ist. Diese Ebenen möchte ich im Folgenden beschreiben.

1 Antriebsregulation (= Steuerung der eigenen Motivation)

Welche Faktoren beeinflussen meine Motivation? Was kann ich dazu beitragen, im Hinblick auf ein gesetztes Ziel motiviert zu bleiben?

Typische Probleme: Lustlosigkeit, Interesselosigkeit, Motivationsschwierigkeiten

 

2 Regulation psychischer Steuerungsfähigkeiten

Psychische Steuerungsfähigkeiten = mentale Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Willenskraft, mentale Ausdauer

Typische Probleme: Konzentrationsschwierigkeiten, Ablenkbarkeit, geringes Durchhaltevermögen, geringe Willenskraft etc.

 

3 Emotionale Regulation (= Steuerung der eigenen Gefühle)

Wie gehe ich mit Ängsten, Unsicherheit, Enttäuschung, Gefühlsschwankungen etc. um? Wie kann ich solche Gefühle abschwächen bzw. zulassen, ohne dass sie mich überwältigen?

Typische Probleme: Versagensangst, Überforderung, mangelndes Selbstvertrauen, Frustrationserlebnisse, emotionale Blockaden etc.

 

4 Intellektuelle Regulation (= Steuerung der eigenen intellektuellen Fähigkeiten)

Zu den intellektuellen Fähigkeiten zählen: logisches Denken, Planungsfähigkeit, Merkfähigkeit, sprachliches Verständnis, räumlich-visuelles Vorstellungsvermögen, mathematisches Verständnis, Fachwissen etc.

Typische Probleme: Wissenslücken, unflexible Denkweise, geringes Vorstellungsvermögen, unrealistische Selbsteinschätzung etc. 

 

5 Energieregulation (= Steuerung des eigenen Kräftehaushalts)

Körperliche und psychische Energie, Durchhaltevermögen, Widerstandskraft 

Typische Probleme: Ermüdung, Erschöpfung, geringes Durchhaltevermögen

Psychoregulative Methoden: Mentaltraining und weitere Verfahren

Mentaltraining kommt ursprünglich aus der Verhaltenstherapie, die mit Handlungsanleitungen und Anleitungen zur Selbsthilfe arbeitet. Die Selbststeuerung ist also ein Element, das der Psychoregulation und dem Mentaltraining gemeinsam ist.

Einen wichtigen Einfluss auf Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden haben neben unseren mentalen Strategien auch Begleitumstände wie

  • Schlafqualität
  • Regeneration
  • ausgewogene Ernährung
  • Bewegung
  • Work-Life-Balance
  • Ausgleich
  • Kräftehaushalt.

Wer diese Begleitumstände vorteilhaft gestaltet, schafft sich eine gute Grundlage, sei es für Mentaltraining oder für positive Veränderungen im Allgemeinen.

Techniken des Mentaltraining

Mit den vielfältigen Techniken des Mentaltraining haben wir die Möglichkeit, die Probleme auf den fünf oben beschriebenen psychoregulativen Ebenen zu lösen. 

  • Visualisieren: gezieltes inneres Erzeugen von Bildern
  • Imaginieren: gezieltes inneres Erzeugen von Sinneseindrücken
  • Meditation: Methode zur geistigen Entspannung und Schulung der Achtsamkeit
  • Achtsamkeitstraining: Schulen der eigenen Fähigkeit zur Achtsamkeit in verschiedenen Lebenssituationen
  • Atemübungen
  • Lachtechniken: gezielte Einflussnahme auf das Wohlbefinden durch Lachen
  • Autosuggestion: gezielte psychische Beeinflussung von sich selbst (auch das Selbstgespräch gehört zu den autosuggestiven Techniken)
  • Affirmationen: positive Glaubenssätze, die man verinnerlichen will
  • Afformationen: Affirmationen in Frageform
  • Mantras: Leitsprüche, die mehrmals wiederholt werden
  • Fremdsuggestion: gezielte psychische Beeinflussung einer anderen Person
  • Selbsthypnose: autosuggestive Entspannungsmethode

Daneben gibt es eine Reihe von Methoden, die in ihrer Vorgehensweise und in ihren Zielen Ähnlichkeiten mit Mentaltraining haben und deshalb auch im Mentaltraining zum Einsatz kommen. Da es sich um eigenständige Verfahren handelt, führe ich sie hier separat auf.

Weitere psychoregulative Verfahren

  • Kung Fu, Tai Chi, Chi Gong: meditative chinesische Kampfstile
  • Feldenkrais: Verfahren zur besseren Wahrnehmung von Körper, Geist und Sinnen mit dem Ziel, Bewegungsreichtum und -qualität zu steigern 
  • Alexandertechnik: Methode zur Korrektur von körperlichen Fehlhaltungen, indem man ungünstige Bewegungsabläufe erkennt – und verändert 
  • Hypnosetherapie: Verfahren, das Fremdsuggestionen therapeutisch nutzt
  • Autogenes Training: Entspannungsverfahren, das auf Autosuggestion beruht
  • Kinesiologie: Körpertherapie zur Harmonisierung der Energieflüsse (Chi)
  • Brain Gym: Bewegungsprogramm zur Verbesserung der Lernfähigkeit
  • Neurofeedback (NFB): technische Methode zur Verbesserung der psychischen Selbstregulation
  • NLP (Neurolinguistisches Programmieren): Methode, um unser Denken, Fühlen und Verhalten (Neuro) mittels Sprache (Linguistik) zu verändern (programmieren)
  • Coaching: Überbegriff für Beratungsmethoden unterschiedlicher Art

Ebenen der Psychoregulation und geeignete Methoden

Für viele Methoden, die in der Tabelle aufgelistet sind, ist die Anleitung durch eine Fachperson notwendig oder zumindest sinnvoll. Weitere Hilfsmittel braucht es nicht, ausgenommen Neurofeedback und Kinesiologie. 

 

Die oben erwähnten Techniken des Mentaltraining werden in den Büchern «Music Mentaltraining» Band 1, 2 und in «Mentaltraining für den Berufsalltag» ausführlich beschrieben und mit vielen Übungen veranschaulicht. Auch die aufgeführten Begleitumstände und die weiteren Verfahren werden thematisiert.

 

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