Sprechen mit mir selbst? Ich doch nicht…

Veröffentlicht am 8. Jänner 2024 um 14:42

Selbstgespräche sind weiter verbreitet, als man denkt. Vor anderen verbergen wir sie gern, damit uns niemand für verrückt hält. Und an uns selbst nehmen wir sie oft gar nicht wahr, weil sie automatisch ablaufen. Dabei sagen die oft gemurmelten oder nur gedachten «Dialoge» einiges über unsere Einstellungen und unser Befinden aus. Im Rahmen von Psychologie und Mentaltraining sind sie ein interessantes Thema: Wer seine Selbstgespräche analysiert und umformt, verändert sein Mindset zum Positiven.

Das alltägliche Selbstgespräch

Selbstgespräche sind etwas ganz Menschliches. Bei vielen Alltagsaktivitäten begleiten sie uns, sei es bei der Arbeit oder in der Freizeit, wenn wir unterwegs sind oder vor dem Einschlafen. Oft sprechen wir gut hörbar mit uns selbst, wenn wir allein sind. In Anwesenheit von Mitmenschen drosseln wir die Lautstärke oder verschieben die Selbstgespräche in unsere Gedankenwelt. 

 

Bsp. 1: «Warum klappt das jetzt nicht?»

Bsp. 2: «Reiss dich zusammen, das kann doch nicht so schwer sein...»

Bsp. 3: «Nur geduldig sein, das wird schon klappen.»

 

 

 

Selbstgespräche treten in der Regel spontan auf. Wir sprechen in der Du- oder der Ich-Form mit uns selbst. Von ihrem Charakter her können sie sehr unterschiedlich sein, wie wir an den Beispielen oben erkennen: positiv oder negativ, beschreibend oder handlungsbezogen. Gerade in schwierigen Situationen haben Selbstgespräche oft eine negative Färbung und stören mehr, als dass sie uns eine Hilfe sind.

 


Das Selbstgespräch als Technik im Mentaltraining

In der Sportpsychologie und im Mentaltraining hat man die Bedeutung von Selbstgesprächen schon lange erkannt. Viele Profi-Sportler ersetzen negative Selbstgespräche gezielt durch positive, um in wichtigen Momenten Motivation, Fokus und Nerven zu bewahren – z. B. vor einem Spiel, vor einem Rennen, oder wenn es darum geht, einen Penalty zu versenken.

 

Selbstgespräche im richtigen Moment positiv zu formulieren, ist gar nicht so einfach. Es braucht etwas Vorarbeit und Training:

  1. die eigenen negativen Selbstgespräche erkennen, die in herausfordernden Situationen auftreten
  2. diese Selbstgespräche positiv umformulieren, sodass sie hilfreich und motivierend sind
  3. die neuen, positiven Selbstgespräche in wettkampfähnlichen Situationen einüben
  4. die positiven Selbstgespräche im Wettkampf selbst anwenden

Auch abgesehen vom Profisport stehen Menschen immer wieder unter Leistungsdruck und sind darauf angewiesen, ihr Können abzurufen – in der Ausbildung, im Berufsleben, aber auch im Freizeitbereich (z. B. ambitionierte Amateursportler und -Musiker). Damit dies besser gelingt, können wir auf die Selbstgesprächstechniken aus den Sportwissenschaften zurückgreifen.

 


Wie formuliert man hilfreiche Selbstgespräche?

Wenn wir Selbstgespräche umformulieren, sodass sie uns unterstützen und motivieren, sollten wir auf einige Punkte achten:

  • Das Selbstgespräch ist positiv formuliert und enthält keine negativen Ausdrücke. Verneinungen wie «nicht/kein/nie» lässt man weg.
  • Im Selbstgespräch thematisiert man Stärken und Fähigkeiten.
  • Das Selbstgespräch ist nicht problem-, sondern lösungsorientiert und bezieht sich auf die Gegenwart oder Zukunft.

 

Beispiel: Ein Lehrer an einer Grundschule verliert schnell die Nerven, wenn die unruhigen Schüler den Unterricht stören. 

 

Sein negatives Selbstgespräch:

«Jetzt habe ich mich schon wieder aus dem Konzept bringen lassen von den Lausbuben. Warum kann ich nicht ruhig bleiben?»

Dieses Selbstgespräch bezieht sich auf Vergangenes. Es enthält einen Vorwurf an sich selbst und auch eine Verneinung («nicht»). Deshalb ist es wenig hilfreich.

In der positiven Formulierung richten wir die Aufmerksamkeit auf die Gegenwart, verzichten auf den Selbstvorwurf und betonen dafür eine Stärke des Grundschullehrers (die langjährige Erfahrung). Ausserdem verschieben wir die Betonung vom Problem auf die Lösung.

 

Beispiel für eine positive Umformulierung:

«Ich habe schon viele Jahre Erfahrung im Beruf und kann mit solchen Situationen umgehen. Nur ruhig und geduldig bleiben!»

 


Übung «Eigene Selbstgespräche umformulieren»

Stell dir jetzt eine Situation aus deinem Alltag vor, in der du in letzter Zeit stark gefordert warst oder wo du dich geärgert hast. Erinnerst du dich an negative Gedanken, die dir damals durch den Kopf gingen oder die du womöglich ausgesprochen hast?

 

Beschreibe kurz diese herausfordernde Situation: 

 

.................................................................................

 

Notier dir nun ein unkontrolliertes, negatives Selbstgespräch, wie es sich damals spontan in deinem Kopf abgespielt hat. 

 

................................................................................. 

 

Notiere dir ein positives Selbstgespräch für dieselbe Situation. Orientiere dich dabei am Beispiel weiter oben. Achte darauf, dass du positiv und lösungsorientiert formulierst und betone Stärken und Fähigkeiten. Vermeide negative Formulierungen und Verneinungen. 

Beziehe deine Formulierungen auf die Gegenwart oder Zukunft.

 

.................................................................................

 

In den Büchern «Mentaltraining für den Berufsalltag» und «Music Mentaltraining» Band 1 und Band 2 behandeln wir Selbstgespräche vertieft, mit einer Reihe von praktischen Übungen zum Thema.

 


Wichtiger Hinweis:

Diese Übung «Eigene Selbstgespräche umformulieren» kann man gut alleine durchführen. Für Menschen, denen das nicht so leichtfällt, kann die Hilfe eines Profis (Psychologe, Mentaltrainer, Mentalcoach o.ä.) wertvoll sein. 

 


 

Wenn dir unser Blog gefallen hat, besuche uns wieder und folge uns auf Facebook, YouTube und Instagram.